Sprache scheint einfach ein Mittel zu sein, um Inhalte, auch politische Inhalte, zu vermitteln. Aber dieses Mittel hat ein Eigenleben. Worte sind nicht neutral – unsere Sprache zeigt und beeinflusst auch, wie wir denken und handeln. In Begriffen kristallisieren sich Weltanschauungen, Ideologien und Machtverhältnisse, man denke beispielsweise an “Unterschicht“, “Schurkenstaat“, “dritte Welt“ oder “Freihandel“.
Die Kritik solcher in Sprache sedimentierter Machtstrukturen eröffnet aber selbst ein weiteres Sprachproblem. Gerade aufklärerische, kritische Projekte sind oft von der Vorstellung getragen, für die Marginalisierten und Unterdrückten sprechen, ihre Erfahrungen darstellen und für sie handeln oder kämpfen zu können. Aber erst im selbst Sprechen bildet sich die Identität von Gruppen und Individuen. Es kann dafür keine Stellvertretung geben, die nicht impliziert, dass der Andere (auch für sich selbst) stumm bleibt. Wie also kann eine Praxis der Kritik der stillen Macht der Sprache aussehen?
Dr. Constanze Demuth (Philosophische Fakultät, Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Praktische Philosophie, Technische Universität Dresden)